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Social Impact Bonds – eine sinnvolle Finanzierungsmöglichkeit der Jugendhilfe?

Social Impact Bonds (SIB) sind ein Finanzierungsinstrument, bei dem (private) Geldgeber in soziale Projekte investieren. Dies soll für die öffentliche Hand den Vorteil bieten, Projekte erst zu ermöglichen und dabei die öffentlichen Haushalte von einem Finanzierungsrisiko entlasten zu können.

Für die Geldgeber wird dieses Modell dadurch attraktiv, dass bei Eintritt eines bei Beginn definierten Erfolges das eingesetzte Kapital zuzüglich einer vereinbarten Rendite an die Geldgeber zurückgezahlt wird. Tritt der Erfolg nicht ein, ist das eingesetzte Kapital hingegen verloren.

Da dieses aus dem angelsächsischen Raum stammende Finanzierungsinstrument wird zunehmend auch in Deutschland propagiert wird, sah der Nds. Landesjugendhilfeausschuss die Notwendigkeit, sich eingehend mit dieser Thematik zu befassen und beauftragte die Verwaltung des Landesjugendamtes mit der Einholung eines entsprechenden Rechtsgutachtens zu diversen sich in diesem Kontext stellenden Rechtsfragen. Wegen der nicht nur rechtlichen sondern auch fachlichen Fragestellungen handelt, wurde seitens der Verwaltung auch das Deutsche Jugendinstitut in München (DJI) um eine Stellungnahme gebeten. Aus der nunmehr vorliegenden Stellungnahme des DJI werden nachfolgend hier einige Kernaussagen vorgestellt, wobei darauf verwiesen werden muss, dass es bislang noch kein Beispiel der Anwendung von SIB in der deutschen Kinder- und Jugendhilfe gibt, mithin die Antworten auf die gestellten Fragen auf Einschätzungen beruhen müssen.

Das Fazit des DJI lautet: „SIBs erscheinen nicht sonderlich verlockend!“ Das DJI begründet diese Einschätzung damit, dass die öffentliche Hand gesetzlich verpflichtet ist, alle erforderlichen Angebote und Hilfen im erforderlichen Umfang bereitzustellen und es angesichts der niedrigen Zinsen auf dem Kapitalmarkt keinen Grund gibt, auf letztlich für die öffentliche Hand teure Finanzierungsinstrumente zurückzugreifen.

Die durch die SIB auch beabsichtigte stärkere Wirksamkeit des Mitteleinsatzes wird ebenfalls kritisch bewertet. Einerseits sei, so das DJI, „eine stärker evidenzbasierte Kinder- und Jugendhilfe auch ohne den Einsatz von SIB möglich und zudem sei eine simple Outcome-Orientierung angesichts der Komplexität psychosozialer Angebote nicht sachgerecht“. Daher seien SIB nur dann überhaupt sinnvoll zu diskutieren, wenn es

  • Eine eindeutige Zielgruppe gebe

  • Die Ziele des Angebote klar beschrieben seien

  • Es einen plausiblen Zusammenhang zwischen Angebot und Zielerreichung gebe.

Immer dann, wenn es sich um Hilfeleistungen handele, bei denen der Erfolg der Hilfe nur bedingt planbar und messbar ist, seien nach Einschätzung des DJI derartige Finanzierungsinstrumente skeptisch zu beurteilen. Dies gelte z. B. in Fällen, in denen der Erfolg einer Hilfe erst nach einem mehrjährigen Ablauf festzustellen ist oder bei der oben bereits angesprochenen Komplexität der pädagogisch-sozialen Prozesse in Familien und bei Kindern und Jugendlichen.

Schließlich weist das DJI an mehreren Stellen auch darauf hin, dass zu erwarten sei, dass die gewünschte finanzielle Entlastung der öffentlichen Haushalte nicht im erhofften Ausmaß eintreten wird.

Schon die Renditeerwartung der privaten Geldgeber, die dann ja vom öffentlichen Träger bei Erfolg der Maßnahme ausgeglichen werden muss, zehre den Finanzierungsvorteil der SIB für das Jugendamt auf. Zudem könnte eine stärkere Einbeziehung von SIB in die Finanzierung von Jugendhilfeleistungen die vorhandene Unterfinanzierung des Wohlfahrtsstaates weiter verstärken. Daher seien neben den oben genannten fachlichen Rahmenbedingungen SIB möglicherweise nur da sinnvoll, wo mit einem Projekt zeitnah begonnen werden soll und zudem z.B. bei Modellprojekten der finanzielle Druck überschaubar bleibe.

Nach alledem lässt sich zusammenfassend sagen, dass der Einsatz aus einem anderen sozialen und gesellschaftlichen Kontext stammender privater Finanzierungsinstrumente in Deutschland offenkundig vielfältige klärungsbedürftige Fragestellungen aufwirft, weil es hier einen ausgebauten Sozialstaat mit, wie im SGB VIII verankert, individuellen Rechtsansprüchen gibt. Dazu gehört insbesondere auch die Frage des Zusammenwirkens zwischen Jugendamt, dem privaten Investor und den „Kunden“ vor dem Einsatz von SIB in der „normalen“ Jugendhilfe.

Das vollständige Gutachten kann hier eingesehen werden.



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